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TYPEN ÜBER TYPEN...
 
Als ausgesprochen abwechslungsreich kann man das von Williams in den Anfangsjahren verwendete Let-tering (zu deutsch: Textzeichnung) beschreiben. Es wurde probiert und getestet (böse Zungen könnten gar von experimentiert sprechen), was das Zeug hielt, ohne Rücksicht auf Verluste (oder gar Leser...).
Schaut man sich die dazu leider viel zu selten vorhandenen Angaben in den Heften genauer an, stellt man sehr schnell fest: Jawohl, es durfte sich so ziemlich jeder daran versuchen, der sich (selbst) auch nur als halbwegs begabt fürs Lettering einstufte. Und so befinden sich darunter etliche Arbeiten, die man als kritischer Beobachter nicht umbedingt als gut bewerten würde...

Etwas anderes wird bei den diversen Variationen aber deutlich: Die Redaktion war auch in dieser Hinsicht sehr darum bemüht, ihren eigenen Weg zu finden, sich vom deutschen Comic-Einheitsbrei abzuheben und ein Produkt abzuliefern, das dem amerikanischen Original möglichst nahe kam(1).
Und betrachtet man dabei insbesondere die Hefte der ersten 6 Produktionsmonate, so wird schnell klar, daß man sich keineswegs von vorne herein auf (echtes) HAND-Lettering festgelegt hatte...
 
 

EWALD BALUCH - ERFINDER DES MASCHINEN-LETTERINGS?

 
Denn in den frühen Produktionsmonaten wurde statt Hand-Letterings eine Reihe von gänzlich unterschiedlichen Varianten von MASCHINENSATZ-Schriften(2) in den Sprechblasen eingesetzt, und eben keine von Hand geschriebenen Texte verwendet. Dies gilt insbesondere auch für die von Grafik-Design E. Baluch(3) erstellte Schrift der ersten 4 Produktionen, die auf den ersten Blick wie "echtes" Hand-Lettering wirkt. Betrachtet und vergleicht man die Buchstaben freilich einmal genauer, dann kann auch ein Laie leicht feststellen, daß es keinerlei (optische) Abweichungen bei den Typen gibt, daß Buchstabe für Buchstabe immer hundertprozentig gleich aus-sieht. Tatsächlich wirkt die Schrift ganz ähnlich dem heutzutage beinahe ausschließlich verwendeten Computer-Lettering, wenngleich es Computer-Lettering zeitgemäß natürlich in einer ganz anderen Vielfalt gibt.

So stellt sich die Mutter aller Fragen:
Wie hatte Baluch diesen Schriftsatz erstellt? Keinesfalls freihändig, also dann mittels Schablonen oder gar mit einer (unbekannten) Maschine?
Daniel Wamsler gibt in seinem Fan-Magazin Das sagte Nuff(4) darauf eine nur scheinbar plausible Antwort: Es handelt sich um
"eine Art maschinelles Handlettering, das vom US-Verlag Charlton stammte". Und weiter: "Die Lettern wurden mit einer Maschine gesetzt, die mit der des US-Verlags Charlton identisch war". Leider finden sich in dem Artikel weder Nachweise/Quellenangaben noch sonstige Informationen über diese ominöse Maschine.
 
CHARLTON UND "EINE MASCHINE"
 
Tatsächlich hat der Charlton-Verlag für einige Lettering-Arbeiten offensichtlich eine Maschine verwendet - zu erkennen sind solche Hefte am perfekt identischen Schriftbild, häufig (jedoch nicht immer) gekennzeichnet mit dem Pseudonym "A. Maschine". Nach meiner kleinen Internet-Recherche handelte es sich bei dieser Maschine um eine spezielle Schreibmaschine(5), die über einen entsprechenden Handschrift-Satz verfügte:
 
Charlton Comics - JUDOMASTER #94 (04/1967) - Lettering: A. Machine
 
Charlton Comics - CAPTAIN ATOM #88 (10/1967) - Lettering: A. Machine
 
Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, wandte ich mich an jemanden, der ohne Zweifel sehr viel mehr als ich vom Thema Lettering versteht: Todd Klein INFO, der seit 1977 im Lettering-Bereich tätig ist (vor allem für DC) und für den diese Tätigkeit ebenso Beruf wie Berufung darstellt:
 
EMAIL AN TODD KLEIN
 
Dear Todd Klein,

I´m the webmaster and main writer of a German Marvel fansite specialized on German books issued in the 1970s. I´m born in 1966, so that was the time of my youth and that´s were all the fond memories for these comics come from.

But the reason I contact you is this:
In late 1973 / early 1974 the German publisher "Williams" used for a few issues some kind of machine lettering. If you like you can see two example pages here.
The first page is not hand-lettered by a person, that´s quite easy to see for every one.
 
Example 1: For comparison Avengers #1:
 
The second page is a mix between hand-lettering and machine-lettering.
Example 2: For comparison Avengers #3:
 
My question:
In our fan scene there´s some thought that this was done with the Charlton lettering machine or some derivat of it. Problem is, there isn´t any proof for this assumption.

I´v read your article "Logo Study: WONDER WOMAN part 1", where you are mentioning the LeRoy lettering system(6). You write they had to use hand-lettering for larger words. In the second example one can clearly see that they did this exactly in the German book.
On the other hand they did not use underlining to emphasize words, but then there are no really large letters in the rest of the book (they only used bold letters to emphasize, but all letters with the same size) with the exemption of the splashpage.
They have at least two (maybe three) general sizes of letters in the book, though.

There is some hint in an interview with one of the Williams editors, that this lettering had been a lot of work. But it is not exactly said that way, so not really helpful either.

If you have time to check the pages maybe you`ll be able to tell me wether you can correlate this kind of lettering?
Could it be the result of some Charlton machine?
Or would it rather be the result of the LeRoy system?
Or could it rather be something else?

Thank you for reading this and your efforts in advance.

Kind regards
Gernot Zipperling
 
TODD KLEINs ANTWORT
 
Hi Gernot,

This is very interesting! I would say it's a very early computer font, but I think it's too early to be that. Possibly someone made a font using photographs of hand-lettering, set up the way photo-typesetting fonts were used when I began in comics in 1977.

Typesetting houses we used at DC Comics would set type (commercial fonts like Helvetica and Optima) photographically on photo paper, which would come to us in galleys the width of half a comics page, and were used for things like letter colums. I'm not sure of the exact process, but I never saw any fonts like this, no one had thought of making one. The odd arrangement and edges seem like the result of pieces of type being pasted onto photocopies of the art and balloons drawn around them, often badly.

The Charlton machine was a huge typewriter with a sans-serif font, nothing like this. Leroy lettering is also quite different: hand lettering using a template that makes it very regular. If you find out any more, I'd like to know.

Todd
 
VERSUCH EINES FAZITS
 
Hat nun also Baluch die Charlton-Maschine für seine Lettering-Arbeit verwendet? Todd Klein sagt ganz klar nein und begründet seine Antwort mit der verwendeten Schriftart ("odd arrangement and edges") und glaubt eher an an den Einsatz von Fotosatz (Photo-Typesetting), einer Technologie, die ab den 1950iger Jahren verfügbar war und zumindest bis in die 1980iger Jahre weiterentwickelt worden ist.
Unstrittig ist, daß Baluch für andere Comics des Williams Verlags ganz herkömmlichen Maschinensatz einsetzte, wie er so typisch für die deutschen Comics aus dieser Zeit ist. Daher ist anzunehmen, daß Baluch erst aufgrund der gestiegenen Anforderungen der Williams-Macher dazu genötigt wurde, sich etwas "Neues" einfallen zu lassen.
Das Resultat seiner Innovation können wir alle in den Heften begutachten. Die Frage, wie genau denn nun Baluch seine Schrift gemacht hat, wird hingegen vermutlich nie mehr geklärt werden können - zuviel Zeit ist vergangen.
Aus meiner Sicht ist tatsächlich nicht völlig auszuschließen, daß Baluch eine "Charlton-Maschine" verwendete. Falls er dies tat, dann aber mit einer eigens angefertigten Schriftart. Denn seine Schriftart entspricht nicht der von Charlton, soviel ist klar.
 
 
TYPEN? NEIN... 100% FRAUENQUOTE!
 
Im Grunde ging das Lettering-Abenteuer aber erst nach Baluch so richtig los und der Williams-Experimentier-freudigkeit angemessen findet sich in den Heften der ersten 12 Produktionsmonate passend dazu der etwas variable Begriff Typografie (zu deutsch etwa Schriftbild) in den Impressen der Hefte, wo der jeweilige "Letterer" namentlich genannt wird. Ab 1975 verschwand diese Angabe aus den Impressen und wurde statt dessen auf der Eröffnungsseite ("Splashpage") der jeweiligen Story gemacht.
Das heißt, wenn dort überhaupt ein Letterer aufgeführt ist, denn die Angaben wurden [ähnlich auch bei den Übersetztern(7)] bis zum Ende des 2. Produktionsjahres nur lückenhaft gemacht und verschwinden danach mehr und mehr (wenn auch nicht gänzlich) aus den Heften.

Dies mag nicht zuletzt daran liegen, daß ab beginnend ab Jahresanfang 1976 die beiden "hauptamtlichen" Text-zeichner Marlies Gerson und Christa Manner mehr und mehr das Ruder übernahmen, später waren die beiden schließlich die einzigen verbliebenen Letterer bei Williams. Defintiv brachten die beiden Damen das HAND-Lettering bei Williams auf ein professionelles Niveau (ein klares und nicht zuletzt optisch gleichbleibendes Schriftbild), wovon zuvor kaum die Rede gewesen sein konnte (sofern man Baluchs Maschinen-Lettering außen vor läßt). Wohlwollend ausgedrückt sind die Lettering-Arbeiten VOR Gerson und Manner vor allem eines: nämlich vielfältig...

Angemerkt sei noch, daß ich nur solche Hefte als Referenz heranziehe, in denen der Letterer namentlich aufgeführt ist - alles andere wäre spekulativ und nur von einem Fachmann auswertbar.
Allerdings bin ich beim "Studium" der Hefte zu der Überzeugung gelangt, daß es noch den einen oder anderen "heimlichen" Letterer gegeben haben muß(8), der leider nie namentlich erwähnt wurde. Aber allein diese Ein-schätzung ist natürlich per se spekulativ...


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(1) Zitat Reinhard "Remo" Mordek aus einem Interview in der Sprechblase:

"Unser Artdirektor Andy Cathomas kam auf die Idee, das Handlettering wie bei den Amerikanern zu über- nehmen. Cathomas war ein Schweizer, der auch für 'Paris Match' arbeitete. Er pendelte ständig zwischen München und Hamburg. Leider kam er später bei einem Skiunfall ums Leben. Getreu dem Original wollten wir es also so amerikanisch wie möglich machen. Das war schwierig zu schreiben. Am Anfang übernahm das meine Frau, die als Pseudonym Kedrom benutzte, was nur Mordek anders herum bedeutete."
Quelle:
Die Sprechblase #174 (08/2000)
Anmerkung: Im Interview steht der Name "Anika Thomas", was aber ein Übertragungsfehler sein dürfte, möglicherweise wurde das Interview telefonisch geführt. In Mordeks Interview in "Das sagte Nuff #12" (05/2010) wird der Name "Andy Cathomas" geschrieben; ansonsten finden sich in Nuff jedoch keine neuen Informationen zu seiner Person. Dennoch: Auch wenn Cathomas auf den Redaktionsseiten nie erwähnt wurde, scheint er doch in der Anfangszeit einen ganz wesentlichen Beitrag bei der Gestaltung der Williams-Hefte geleistet zu haben.

(2) Also maschinell erstellte Schriften.

(3) Ewald Baluch führte in Aachen eine Werbeagentur, in der er ab (ca.) 1972 für den damals noch im benach-barten Alsdorf beheimateten Bildschriftenverlag "Satz und Graphik" gestaltet hatte. Einem Interview von 2005 mit Wolfgang J. Fuchs (Das sagte Nuff! #1) zufolge, erfolgte die Trennung von Baluch "Knall auf Fall während einer Weihnachtsfeier", was dann im Dezember 1973 gewesen sein müßte: "Man sei mit der Qualität nicht sehr zu-frieden gewesen".
Reinhard Mordek äußerste sich 2010 ähnlich (Das sagte Nuff! #12, S. 41): "Baluch war ein toller Mann, kreativ und hatte unter Andy - ob seines Anspruchs auf Perfektion - manchmal zu leiden. Auch meine Bemühungen, die Texte grafisch gut in die Sprechblasen einzupassen, brachten Baluch oft zur Verzweiflung. Ich glaube, später wurde es ihm einfach zuviel."
Aus welchem Grund es zum Zerwürfnis zwischen Williams und Baluch kam, ist letzlich nicht bekannt.
Betrachtet man Baluchs Superhelden-Ausgaben, macht das Argument mangelnder Qualität wenig Sinn, denn sein "Pseudo-Lettering" ist schlicht erstklassig. Insofern ist durchaus vorstellbar, daß Ewald Baluch "sein Geld auch anders verdienen konnte". Möglicherweise war man dann vertraglich noch für einige Zeit aneinander gebunden, denn die Zusammenarbeit endete effektiv erst mit der 4. Produktion.
 
(4) Das sagte Nuff! #1, Seiten 13 und 17.

(5) In einem Beitrag auf comicbookresources.com von 2010 wird über die "Charlton-Maschine" diskutiert/ spekuliert. In diesem Beitrag ist das Modell Multiplex der Firma Hammond Typewriters Company (New York) abgebildet. Allerdings wurde dieses Gerät bereits in den 1920iger Jahren entwickelt, so daß  zumindest fraglich scheint, ob eine solche Maschine in den 60/70iger Jahren von Charlton eingesetzt wurde. Es gab in den 1960iger Jahren mit dem Modell Varityper jedoch eine modernere Variante der Multiplex, bei der man sich zumindest aufgrund ihrer Optik sehr viel eher eine Verwendung durch Charlton vorstellen kann.
Bei beiden Modellen war jedoch ursprünglich nicht der Einsatz als "Lettering-Maschine" angedacht gewesen: Gemeinsame Besonderheit der Maschinen war vielmehr die Möglichkeit, innerhalb von wenigen Sekunden die Schriftart wechseln zu können.
Quellen:
comicbookresources.com
typewritermuseum.org
modernmechanix.com

(6) Das Leroy Lettering Set ist ein mit Schablonen arbeitendes Schriftsystem, das primär wohl Anwendung im Bereich Technische Zeichnungen fand. Todd erläutert im Schlußteil seines Artikels sehr anschaulich, daß der Einsatz im Comic-Bereich kaum Sinn machte (gleichwohl es zum Teil angewandt wurde): Einerseits war der be-nötigte Zeitaufwand viel zu hoch, andererseits war man bei den Schriftgrößen stark eingeschränkt.

(7) Wobei gegen Ende der Willliams-Ära der Redakteur meist wohl mit dem Übersetzer gleichzusetzen ist, und es sich beim letzten verbliebenen, fest angestellten Redakteur(in) um Kirsten Isele gehandelt haben dürfte. (Kirsten Isele sollte auch noch lange Jahre nach Ende der Marvel-Ära für den Williams Verlag tätig sein.) In den FV-Ausgaben wird hingegen bis zum Schluß der Übersetzer genannt (Arend Buck), dafür fehlt die Angabe des Redakteurs auf der "Splashpage".
Generell scheint klar, daß die Personaldecke weiter und weiter ausgedünnt wurde: So dürfte Hartmut Huffs Festanstellung ca. mit der 44. Produktion (08/1977) geendet haben. Der später noch vereinzelt auftauchende "Brother Hu" (vermutlich ein Pseudonym Hartmut Huffs) deutet aber darauf hin, daß er danach noch einige Arbeiten ablieferte, dann wohl als freier Redakteur.

(8) In einem Interview in Das sagte Nuff #4, Seite 5 sagte Marlies Gerson, "denn es gab da für ganz kurze Zeit noch einen, der sich "Walling" nannte und im normalen Leben Rehberg hieß."
 
 
 
BUCHSTABEN-EVOLUTION...
 
[Anmerkung: Auswertung der Spinne-Ausgaben ist lückenhaft, da ich nur einen Teil der Hefte besitze.]
 
 
  
GRAFIK DESIGN E. BALUCH, AACHEN UND HAMBURG
(Arbeitszeitraum ?1972? - 04/1974)
 
Baluchs "unbekannte" Maschine erzielte wahrlich kein schlechtes Ergebnis, war seiner Zeit in jedem Fall ein gutes Stück voraus. Auffällig ist, daß es die Abstände zwischen den einzelnen Buchstaben eines Wortes schwanken können, daß manchmal fast schon "Leerstellen" dazwischen sind (zum Beispiel: "DAS IST EIN GU TER GEDAN-KE!".
Diese Auffälligkeiten finden sich in allen Ausgaben und unterscheiden sich (nicht nur) darin deutlich von der Charlton-Schrift. Bei der Charlton-Maschine sind die Abstände hingegen perfekt regelmäßig. (Im zweiten Charlton-Beispiel fällt ein Abstand beim "I" auf, jedoch ist der Abstand immer vorhanden/regelmäßig wieder-kehrend.)
Ich kann nicht behaupten, daß ich Ahnung von der Fotosatz-Technik hätte - aber konnte es dort unregelmäßige Abstände geben??

In jedem Fall zeichnet Baluch für beinahe alle Ausgaben der ersten 4 Produktionsmonate verantwortlich. Einzige Ausnahme ist die Captain Marvel-Zweitstory in Rächer #1, die über echtes Handlettering verfügt - leider ohne Angabe des Letterers.
 
Beispiel aus RÄCHER #1 (01/1974)
 
Freilich war Baluch bereits lange zuvor für BSV/Williams tätig gewesen. Und diese Arbeiten erinnern so gar nicht an das spätere "Maschinen-Lettering", dafür haben sie umso mehr Ähnlichkeiten mit dem damals üblichen Maschinensatz. Gut lesbar? Ja. Schön und Comic-gerecht? Nein, nicht wirklich...
 
Beispiel aus BSVs TARZAN #129 (1972)
 
Und selbst bei den letzten "SUPERHELDEN"-Ausgaben aus der Übergangsphase von BSV zu Williams erinnert noch nicht allzuviel an Handlettering. Immerhin wurde aber für einzelne Textblasen ("Ausrufe") bereits echtes Handlettering verwendet, wie auch das Cover des Heftes vollständig handgeschriebene Texte aufweist.
Anonsten dürfte der verwendete Schriftsatz aber mit dem aus Tarzan #129 identisch sein. Auffallend hierbei: Es wurden bereits verschiedene Schriftgrößen verwendet. Schaut deswegen zwar nicht schöner aus, beweißt aber, daß man sich mehr Mühe geben wollte.
 
Beispiel aus BSVs FV #252 (12/1973)
 
 
Der Durchbruch! Das offiziell nie in den Handel gelangte Shazam #1 dürfte noch vor den ersten MARVEL COMICs produziert worden sein, entspricht der Aufbau des Impressums doch noch denen der letzten HIT Comics. Die interne Numerierung (65 08 001) weist das Heft hingegen eindeutig als den "verschollenen" achten Superhelden-Titel aus und beim Lettering konnte Ewald Baluch schon mal "seine" Maschine testen...
 
Beispiel aus Williams SHAZAM! #1 (??/1973)
 
 
NIKO JESSEN, HAMBURG
(Arbeitszeitraum 05 & 07/1974)
 
Niko Jessen lieferte eine herkömmliche Maschinensatz-Schrift ab. In der 5. Produktion waren dies Thor #5, Hulk #5, Frankenstein #5 und Dracula #5; in der 7. Produktion dann noch ein letztes Mal in Hulk #7.
 
Beispiel aus THOR #5 (05/1974)
 
 
TOMUS VERLAGSPRODUKTION GMBH & CO KG, MÜNCHEN
(Arbeitszeitraum ??/1973 - ?07/1974?)
 
Die Firma Tomus lieferte im selben Zeitraum wie Niko Jessen eine herkömmliche Maschinensatz-Schrift ab: In der 5. Produktion waren dies Spinne #9/10, FV #9/10 und Rächer #5; in der 6. Produktion übernahm Tomus das Ruder für sämtliche Marvel-Ausgaben und schließlich ein letztes Mal in der 7. Produktion für Thor #7. Ich habe hierzu keine Recherche betrieben, aber der Verdacht liegt nahe, daß es sich beim Tomus Verlag, München um einen später gegründeten Ableger der Tomus Verlagsproduktion handelt.
Laut Handelsregisterauszug nahm die TVP - Tomus Verlagsproduktion GmbH & Co ihre Arbeit im Juli 1973 noch unter der Firmierung Kort Satz GmbH, München auf. Während der Handelsregistereintrag von TVP am 03.09.1976 gelöscht wurde, existierte die Kort Satz GmbH zumindest auf dem Papier noch bis 19.06.2013.

Allzuviel nehmen sich die Arbeiten von Tomus und Niko Jessen nicht. Auffällig bei beiden: Maschinensatz-Schrift ja, aber es wurden durchgängig in Großbuchstaben verwendet, so wie es bei Handlettering (normalerweise) üblich ist. Und das entsprach definitiv nicht dem typischen, deutschen Comic-Einerlei!
 
Beispiel aus RÄCHER #5 (05/1974)
 
 
Auch Tomus erste Arbeiten für Williams waren noch ganz dem "klassischen" Lettering der damaligen Comics in Deutschland verhaftet. Und ganz offensichtlich verfügte die TVP nicht über eine Lettering-Maschine, wie sie Ewald Baluch hatte. Vergleicht man die beiden Tomus-Arbeiten, so stellt man fest: Vermutlich derselbe Schrift-satz, die Marvel-Ausgabe hat als Standard jedoch Großbuchstaben in Kombination mit Kursivschrift. Letzeres offensichtlich um eine Anmutung von Handlettering zu erzeugen. (Worte in Fettschrift sind hingegen nicht kursiv gesetzt und heben sich so relativ deutlich vom restlichen Text ab.)
Da auch bei Niko Jessen dasselbe Schema angewandt wurde, ist davon auszugehen, daß dieser Schriftstil von Williams so in "beauftragt" worden war - offensichtlich um eine Alternative zum Handlettering "im laufenden Betrieb" zu testen.
 
Beispiel aus BSV/Williams' KORAK #73 (1973)
 
 
HARTMUT HUFF
(Arbeitszeitraum 07/1974 - 11/1975)
 
In der 7. Produktion begann der Übergang vom Maschinensatz zum Handlettering; Niko Jessen und Tomus Ver-lagsproduktion lieferten je noch eine Arbeit ab, der Rest war "echte" Handarbeit.

Und keiner geeigneter für diesen Job als Hartmut Huff, definitiv Williams "Universalwaffe":
Übersetzer - sowieso, Redakteur - ohne Frage, grafischer Gestalter - na klar und ab der 7. Produktion versuchte sich der Tausendsassa mit den vielen Pseudonymen ("Frobenius", ?"Rainer Mittwoch"?, "Brother Hu") dann auch noch als Letterer. Von der 7. bis zur 23. Produktion letterte er mal als Hartmut Huff, mal als Frobenius ver-schiedene Serien/Hefte, bis dann ab dem 3. Williams-Jahr sukzessive Marlies Gerson und Christa Manner das "Heft in die Hand nahmen".

Und das war auch durchaus gut so, denn in Blick auf den Scan zeigt, daß das Lettering nicht umbedingt zu Huffs stärksten Disziplin zählte...
 
Beispiel aus RÄCHER #7 (07/1974)
 
 
GRAFISCHE WERKSTATT, HAMBURG
(Arbeitszeitraum 07 & 08/1974)
 
An gerade einmal zwei Ausgaben durfte sich die Grafische Werstatt versuchen: Dracula #7 und Thor #8. Wer immer auch hinter der Grafischen Werkstatt steckte, zur Crème de la Crème der Handletterer gehörte er jedenfalls nicht...
 
Beispiel aus THOR #8 (08/1974)
 
 
CLEMENS RASCHKE
(Arbeitszeitraum 08/1974 - 08/1975)
 
In etwa zeitgleich mit Huff versuchte sich Clemens Raschke am Lettering, querbeet über alle Serien. Sein Schriftstil ähnelt ein wenig dem Huffs, viel nehmen sich die beiden dabei nicht. Zur Ehrenrettung beider Herren sei allerdings gesagt, daß sie mit der Zeit qualitativ etwas besser wurden. Übung macht halt den Meister, wenn-gleich auch Talent offensichtlich nicht auf Bäumen wächst...

Frankenstein #7 schaut mir sehr nach Raschkes Handschrift aus und es gibt einige Hefte bis etwa 05/1976 die von Raschke oder Huff gelettert worden sein könnten. Aber eben auch von einem unbekannten Dritten, womit diese Einschätzung rein spekulativ ist.
 
Beispiel aus RÄCHER #9 (09/1974)
 
 
LARS HARMENS, STOLLBERG
(Arbeitszeitraum 08/1974 & 11/1974)
 
Zweimal taucht der Name Lars Harmens im Impressum auf: Spinne #15 (08/1974) und FV #21 (11/1974). Während die Schrift auf der "Splashpage" aus Spinne #15 gar nicht mal so schlecht ist, ist die Arbeit in FV #21 doch arg "kritzelig" geraten...
 
Beispiel aus SPINNE #15 (08/1974)
 
Beispiel aus FV #21 (11/1974)
 
 
URSULA MORDEK
(Arbeitszeitraum 01/1975 - 04/1975)
 
Spät und nur für einen kurzen Zeitraum letterte "Remos" damalige Frau für Williams, mal als Ursula Mordek, mal als Ursula Kedrom. Dabei machte sie ihre Sache so schlecht nicht, ein gut lesbarer, recht sauberer Stil - definitiv eine der besseren Arbeiten.
 
Beispiel aus RÄCHER #13 (01/1975)
 
 
MARLIES GERSON
(Arbeitszeitraum 01/1975 - ??/1979)
 
Marlies Gerson wird namentlich nur wenige Male erwähnt, erstmals in Spinne #26 und Hulk #13 (beide 01/1975), danach noch in Frankenstein #26 (02/1976) und in Marvel Sonderausgabe #1 (06/1978). In Nuff #4 spricht Gerson davon, daß sie auch die Kung Fu-Taschenbücher gelettert hat. Es ist aber davon auszugehen, daß sie viele, viele weitere Hefte gelettert hat, auch wenn sich dazu in den Heften keine Angaben finden.
Darüber hinaus hat sie laut ihrer Aussage in Nuff #4 Cover nachbearbeitet und zum Teil auch komplett gezeichnet (gemeint sind die in einer Leserbriefantwort "H. J. Lührs" zugeschriebenen Hulk-Cover, sowie die Cover der Sammelbände), sowie "Headlines" erstellt. Kurzum Marlies Gerson hatte sich bei Williams als grafisches Allround-Talent betätigt und (nicht nur) ihr Lettering ist schlicht erstklassig.
 
Beispiel aus SPINNE #26 (01/1975)
 
Beispiel aus MARVEL SONDERAUSGABE #1 (06/1978)
 
 
DIETER SCHEEL
(Arbeitszeitraum 10 & 11/1975)
 
Zwar liegt mir ein Großteil der Spinne-Hefte nicht vor, aber allzulange dürfte Dieter Scheel wohl nicht für Williams gearbeitet haben. Gerade einmal zwei Hefte sind gesichert: Rächer #22/23 (10 & 11/1975).
Scheels mutmaßlich erste Arbeiten fallen also exakt mit der Programm-Erweiterung (Doktor Strange, Der Eiserne, Planet der Affen) im Oktober 1975 zusammen. Und im Zuge dieser Expansion wurde offensichtlich Ver-stärkung benötigt...

Sein sauberer und gar nicht schlecht geratener Schriftstil ähnelt dem von Clemens Raschke, ist meines Er-achtens aber besser gelungen als Raschkes Arbeiten.
 
Beispiel aus RÄCHER #23 (11/1975)
 
 
CHRISTA MANNER
(Arbeitszeitraum ??? bis 12/1984)
 
Wann genau Christ Manner ihre erste Lettering-Arbeit für Williams ablieferte ist (mir) leider nicht bekannt. Es dürfte aber lange vor der ersten "dokumentierten" Arbeit in Spinne #125 (und zwar bei der Zweitstory Thor) gewesen sein. Ihre letzte Arbeit ist hingegen bekannt: es handelt sich um das letzte Comic-Heft von Williams überhaupt, Horror #148 (12/1984).

Vergleicht man Manners Arbeiten mit den von Gerson, so stellt man schnell fest: ein klarer, sauberer und durchaus ähnlicher Stil - beide sind gleichermaßen top.
 
Beispiel aus SPINNE #127 (01/1979)
 
Beispiel aus MARVEL SONDERAUSGABE #2 (03/1979)
 
Beispiel aus HORROR #184 (12/1984)
 
 
Besonderer Dank an Stefan Schlüter für die zur Verfügung gestellten Handelsregisterauszugs-Daten, Daten aus verschiedenen Impressen und Spinne/FV-Scans.
 
 

  ARTIKEL © 2014 GERNOT ZIPPERLING

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