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DIE
RUHMREICHEN RÄCHER # 55 |
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gesehen
von Peter L. Opmann
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Die Macher dieses Hefts hatten es darauf angelegt, und sie haben es geschafft – mich zu
beeindrucken: Alles deutete darauf hin, daß es sich um ein epochales Werk handeln mußte (die Zweitstory klammere ich hier zunächst mal aus).
Beginnen wir beim Cover, das mir aus heutiger Sicht ein wenig
nachbearbeitet vorkommt (siehe die ungelenken Schraffurstriche an Caps Armen), das aber ikonographische Wucht besitzt. In seiner Monumentalität verdeckt Captain
America den halben Titelschriftzug. Und dann weist das Thema Tod auf höchste Dramatik hin – auch wenn es um den Tod einer Comicfigur geht, der schon ein paar Jahrzehnte zurücklag.
Das Splashpanel wartet mit einer romantischen Burgkulisse auf, sehr ungewöhnlich für die Rächer. Heute wird mir klar, daß sich die Heldencombo da offensichtlich in Europa befindet, da es sich ja um Dr. Dooms Burg handelt, eine
verweiste Burg freilich – in dieser Story hätte Doom nur gestört.
Sie ist eigentlich ziemlich simpel, was ich damals aber nicht so gesehen habe. Die Tatsache, daß Zeichner John
Buscema hier fast durchgehend mit nur drei bis vier Bildern pro Seite erzählt, war für mich als junger Leser eher ein Signal dafür, daß hier Dinge von größter Brisanz geschehen, denn große Bilder künden von großen Dingen.
Am Ende, wenn es wirklich spannend wird, braucht Buscema dann freilich doch sechs Bilder. Das hatte mich zuvor am Artwork von Don Heck immer gestört, denn das kam mir so vor, als sei er eigentlich mit dem Platz nicht ausgekommen. Vielleicht ging es Buscema ja ebenso.
Autor Roy Thomas wagt sich hier an das Problem des Zeitparadoxons, das zum Beispiel Ray Bradbury in seiner
Kurzgeschichte „Ferner Donner“ („A Sound of Thunder“) meisterhaft durchgespielt hat:
Wenn man in die Vergangenheit reisen könnte, dürfte man dort
jedenfalls nichts verändern, denn selbst Kleinigkeiten würden die
gesamte Zukunft ändern, und was dann? Cap weiß das offenbar. Er will
genau klären, wie sein Sidekick Bucky einst im Kampf mit dem
Nazi-Superagenten Baron Zemo ums Leben gekommen ist, was er damals
im Kampfgetümmel nicht richtig mitbekommen hat, gelobt aber,
keinesfalls in den Ablauf einzugreifen. Die Rächer begleiten ihn –
Ehrensache. Die Wespe bedient dabei Dr. Dooms Zeitmaschine.
Punktgenau erscheinen die Zeitreisenden in der spannendsten Phase des Kampfs im Zweiten Weltkrieg und verfolgen quasi als Geister, wie Zemo einen Flugzeugprototyp in England klauen will und Cap und Bucky ihm
dazwischenfunken, dabei allerdings ihrem Feind in die Hände fallen. In diesem Augenblick übermannt die Wespe am Steuerpult ein Sekundenschlaf, so daß die Rächer materialisieren. Goliath, Falkenauge und der Schwarze Panther kümmern sich um zwei Kampfandroiden Zemos, während Cap (der aus der Zukunft) sich auf den Superbösewicht selbst stürzt. Gleich darauf nehmen die Rächer aber wieder ihre Geistgestalt an – die Wespe hat ihren Fehler korrigiert –, und Cap kann eben noch mit dem scharfen Rand seines Schilds die Fesseln seines früheren Ichs und Buckys durchtrennen.
Hier gelingt Thomas ein wirklich raffinierter Kunstgriff, denn er
läßt Cap mit seinem Eingriff in die Vergangenheit nicht die Zukunft verändern, sondern erfüllen. Die befreiten Cap und Bucky versuchen nun, das startende
Versuchs-Flugzeug aufzuhalten – bei dessen Explosion stürzt der Sternengesprenkelte ins Meer (aus dem er 20 Jahre später von den Rächern herausgefischt werden wird), während sein junger Freund umkommt. Quod erat
demonstrandum:
Daß der Autor hier nicht bloß frei fabuliert, sondern an eine alte Comicgeschichte aus Timely-Zeiten anknüpft, war mir damals – trotz Rächer # 4 – nicht so ganz klar, hat aber dem Staunen keinen Abbruch getan.
Daß ich den Eisernen nicht besonders mochte, habe ich schon zuvor erwähnt. Das Abenteuer, das in diesem Heft beginnt, ist auf jeden Fall einige Jahre früher als das Rächer-Epos entstanden und hat noch nicht dessen Grandezza.
Der Supergegner, das Einhorn, trägt ein wenig unfreiwillig komische
Züge. Und natürlich kann Zeichner Don Heck selbst mit seinem besten
Können gegen Meister Buscema nicht anstinken, obwohl er auf seiner
dritten Seite auch mit einem extragroßen Panel arbeitet. Da sieht
man den Eisernen verzweifelt inmitten von Trümmern in einer Werkshalle von Stark Industries sitzen, und das wirkt schon ganz eindrucksvoll. Es rundet sich aber diese Story nicht so ganz zum
Meisterwerk, und das habe ich damals schon gespürt.
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Peter L. Opmann, 19.07.2007 |
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