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GENE COLAN - DER MALER MIT DEM BLEISTIFT

  

von Helmut Kronthaler

 

Gene Colan gezeichnet von Gerhard Schlegel (alias Laska)
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Wie Jack Kirby, Steve Ditko, John Romita oder John Buscema gehörte GENE COLAN zum festen Stamm der Zeichner, mit deren Hilfe Autor Stan Lee und der Verlag Marvel Comics in den sechziger Jahren das damals wenig inspiriert vor sich hinschlummernde Superheldengenre gründlich neu aufpoliert hatten.
Doch schon lange bevor Colan seinen teuflisch rot kostümierten DAREDEVIL in den Straßenschluchten und Hinterhöfen von Hells Kitchen auf Verbrecherjagd schickte, den SUB-MARINER in den Fluten der Weltmeere um den Thron von Atlantis kämpfen ließ oder DOCTOR STRANGE in fernen Dimensionen in magische Zwei-kämpfe mit bösartigen Zauberern und Dämonen verwickelte, hatte sich der 1926 im New Yorker Stadtteil Bronx geborene Künstler einen Namen in der lokalen Comicszene gemacht.
  
  
Gleich nach Abschluss seines Studiums an der renommierten Art Students League zeichnete er rasante Flieger-geschichten für Comic Books des Verlages Fiction House. Und nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er praktisch für jeden wichtigen Comic-Verleger der US-amerikanischen Metropole. Zu seinen bemerkenswert-esten Leistungen dieser Jahre gehören mit Sicherheit Colans Zeichnungen für die DC-Western-Serie "Hopalong Cassidy", die der deutsche Leser in den legendären "Sheriff Klassikern" des Bildschriftenverlags präsentiert bekam. Trotz einer durchaus soliden Qualität der Arbeiten ließ der gewaltige, zum Teil unter dem Pseudonym Adam Austin publizierte Output der Fünfziger freilich noch nichts von der revolutionären Spreng-kraft seiner späteren Comics für Marvel erahnen.
  
Vor allem auf den Seiten von "Doctor Strange" entfachte Gene Colan ein brillantes Feuerwerk an Dynamik und gewagten Perspektiven, das sich letztlich einem radikalen Bruch mit der traditionellen, meist dreizeiligen Seitenstruktur der amerikanischen Comic Books verdankte. Sein gleichsam alle Panels und gängigen Konven-tionen sprengender Zeichenstil harmonierte in idealer Weise mit dem ebenso überzeichneten Pathos der Stories von Roy Thomas.
  
Aus heutiger Sicht ist es aber vor allem die 1972 gestartete Horror-Serie "The Tomb of Dracula", die Gene Colans Ehrenplatz im Olymp der Comic-Götter zementiert. Colan gelang es zusammen mit den Autoren Gerry Conway, Archie Goodwin, Gardner F. Fox und vor allem aber mit dem ab Heft #7 textenden Marv Wolfman in einem Run von immerhin 70 Heften, die bis dahin längst zum bloßen Stereotyp verblasste Romanfigur Bram Stokers sprichwörtlich zu neuem Leben zu erwecken.
Gerade Colans Zeichnungen, in idealer Weise von Tom Palmer getuscht, trugen ganz erheblich zur unheimlich-stimmungsvollen Atmosphäre dieser Geschichten bei. Mit der Einführung neu geschaffener Charaktere wie dem später vor allem durch die Wesley Snipes-Filme populär gewordenen Vampirkiller Blade erreichte er eine behutsame Modernisierung des Dracula-Mythos, die bis heute ihre Gültigkeit behalten hat.
  
In den achtziger Jahren wechselte Gene Colan zum Konkurrenzunternehmen DC, wo er neben zahlreichen Batman- und Wonder Woman-Stories vor allem die bemerkenswerten, leider aber nur sehr kurzlebigen Reihen "Nathaniel Dusk" (Texte von Don McGregor) und "Night Force" (Texte von Marv Wolfman) zeichnete. Im Independent-Bereich versuchte er sich mit Autor Steve Gerber an der Funny-Parodie "Stewart the Rat", einer leicht radikalisierten Version von Marvels „Howard the Duck“, den er zuvor bereits längere Zeit für Marvel gestaltet hatte.
  
Der Zenit seiner Popularität aber schien nun überschritten zu sein. Während im Mainstream neue Namen wie John Byrne, Frank Miller oder Howard Chaykin auf sich aufmerksam machten, avancierte Gene Colan immer mehr zum Geheimtipp einer kleinen, aber treuen Fangemeinde. Neben mäßig erfolgreichen Versuchen einer Wiederbelebung von „Tomb of Dracula“ verlegte sich der „Maler mit dem Bleistift“ verstärkt auf die Publi-kation ungetuschter Comics und Zeichnungen. So illustrierte er zum Beispiel Clifford Lawrence Meths Kurz-geschichten-Sammlung "Perverts, Pedophiles & Other Theologians" und versuchte sich mit der Graphic Novel "Scavengers of the Slaughtered Sacrifices" gemeinsam mit Don McGregor an einem Comic-Remake der alten Pulp-Serie „The Spider – Master of Men“.
Und gerade letzteres, erst 2002 von Vanguard veröffentlichtes Beispiel belegt erneut in aller Anschaulich-keit, dass mit der Comic-Legende, die am 1. September 2009 bereits ihren 83. Geburtstag feiern konnte, noch immer gerechnet werden muss.
  
  
GENE COLAN TRIBUTE BOOK
(NOVEMBER 2008)
THE INVINCIBLE GENE COLAN
(FEBRUAR 2010)
  

  
AM 23.06.2011 VERSTARB GENE COLAN 84-JÄHRIG.

SEIN GESUNDHEITSZUSTAND HATTE SICH AUFGRUND VON KOMPLIKATIONEN
EINER LANGJÄHRIGEN LEBERERKRANKUNG UND DEN FOLGEERSCHEINUNGEN
EINER GEBROCHENEN HÜFTE ZUNEHMEND VERSCHLECHTERT.

WIR WERDEN GENE NICHT VERGESSEN...
  
[Zeichnung/Collage Copyright Michael Netzer]
  
  
  
  

  ARTIKEL © 2010 HELMUT KRONTHALER

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