DAS
ENDE SCHON NAH--EIN
NEUSTART...
Obwohl sich das Ende wohl schon mit tiefdunklen Wolken am deutschen
Marvel-Himmel abgezeichnet haben dürfte, wagte man bei Williams 1978
noch einmal einen letzten Neuanlauf und begann mit der Veröffentlichung
gleich zwei neuer Serien, und wie zuvor schon bei Planet
der Affen handelte es sich dabei um Adaptionen zu äußerst
erfolgreichen Kinofilmen:
Neben
Krieg der Sterne war
Marvel-Sonderausgabe die zweite und – bezogen auf die
Ausgaben-Anzahl - gleichzeitig kurzlebigste aller Williams-Marvel-Serien
überhaupt, brachte sie es es doch auf gerade einmal zwei Ausgaben.
Daß zwischen den beiden Heften eine ungewöhnlich lange Pause lag
(immerhin 9 Monate sollten vergehen), lag einerseits am noch
geringen, vorhandenen Material der US-Vorlage A Marvel (Comics)
Super Special!, andererseits an der selektiven Auswahl, die man
bei Williams vornahm...
WARUM
EIGENTLICH NICHT AUCH KISS?
Im September
1977 versuchte man sich bei Marvel USA an etwas Neuem: nannte sich
das "Kind" zunächst "A Marvel (Comics) Super
Special", verkürzte man den Serientitel ab der fünften
Ausgabe auf "A Marvel Super Special".
Dabei stellte die US-Magazin-Serie ein ziemlich buntes Allerlei dar
und war während der ersten Jahre beileibe nicht nur auf Kinofilme
beschränkt. So war die Erstausgabe der Hard Rock Band
KISS
gewidmet, die zweite
Robert E. Howards
CONAN, erst in der dritten Ausgabe findet sich die erste
Film-Adaption
Close Encounters of the Third Kind
und in der sechsten Ausgabe
schließlich
Jaws 2
-
die beiden letztgenannten also die
beiden von Williams veröffentlichten Storys.
Rein spekulativ ist, warum sich Williams nicht auch an den übrigen
US-Ausgaben versuchte, allesamt durchaus zugkräftige Titel, und die
Serie analog zu den US-Heften veröffentlichte. Aus der (angeblich)
geplanten deutschen Conan-Serie war bekanntlich nichts
geworden, warum dann aber nicht wenigstens die Conan-Story aus
Marvel Super Special
#2
veröffentlichen? Und auch die Beatles-Story
des vierten US-Heftes hätte hierzulande sicherlich ihre Käufer
gefunden, hier ist allerdings denkbar, daß es rechtliche Probleme /
Bedenken
gab. Denn die bereits produzierte zweite Beatles-Story (die fehlende
siebte
Ausgabe der US-Serie) wurde von Marvel zwar produziert, zumindest
in den USA aber nie veröffentlicht.
Rechtliche Gründe könnten auch der Grund gewesen sein, warum sich
Williams nicht an den beiden KISS-Ausgaben versuchte. Denn interessanterweise wurde
das
fünfte Marvel Super Special
in Deutschland veröffentlicht, aber nicht von Williams oder einem anderen Comic-Verlag: Die
Musik-Zeitschrift Rocky präsentierte 1979 das KISS-Abenteuer
in deutscher Sprache, allerdings in redaktionell bearbeiteter und
stark gekürzter Form (alle Details dazu im KISS
im Rocky-Magazin Artikel von perry).
Die Veröffentlichung erfolgte
also durchaus an passender Stelle, wenn die Umsetzung auch nicht wirklich gelungen
genannt werden kann
(COMIC 1,
COMIC 2).
In Anbetracht des Sammlerwertes der US-Hefte (in NM jeweils etwa
200$ Händlerpreise, auf Ebay aber auch deutlich günstiger) hätte Williams damit
aber wohl ein gutes Geschäft machen können – KISS waren
schließlich auch in Deutschland sehr beliebt.
AUFMACHUNG
UND STIL DER MARVEL-SONDERAUSGABEN
Von der Aufmachung her handelt es sich bei den Marvel-Sonderausgaben
um (durchgehend) vierfarbige Hefte im größeren Magazin-Format, mit
52 bzw. 48 Seiten Umfang - auf dem gleichen Glanz-Papier gedruckt über das auch die übrigen Marvel-Serien seit Januar 1977 verfügten. Die
Auslieferung der Hefte erfolgte mit Sicherheit unter Umgehung
des Phasenvertriebs, denn andernfalls wäre der verkaufsfördernde Effekt der Kino-Filme verspielt worden.
Auch das Marvel-Riesenposter, der Marvel-Kalender für 1976 (beide erschienen
ca. im November 1975) und die
Kung Fu-Taschenbücher (02/1976 bis 12/1976) waren nicht über den Phasenvertrieb
ausgeliefert worden.
Der Preis der Hefte lag mit DM 3,50 sogar noch über dem Preis der Planet der Affen-Magazine
(DM 2,50),
dabei waren letztere sogar umfangreicher (68 bzw. 52 Seiten bei der
#7), dafür aber auch nur zum Teil (vier-)
farbig und nicht auf
Glanz-Papier gedruckt worden.
MARVEL-SONDERAUSGABE #1-UNHEIMLICHE BEGEGNUNG DER DRITTEN ART
(52 Seiten, erschienen 06/1978, Cover-Preis DM 3,50)
Im Juni 1978, also gut drei Monate nach dem Kinostart
(24.03.1978)
in Deutschland, veröffentlichte
Williams die Comic-Version von Marvel zum Film – das Cover des Heftes ähnelt wie von Williams gewohnt sehr stark dem
US-Original
– im wesentlichen fehlt eigentlich nur der Name
Steven Spielberg.
Selbst der Serien-Name Marvel-Sonderausgabe ist ein mehr oder
weniger geglücktes Pendant zur US-Vorlage
A Marvel Super Special (auf der dritten Seite wird das Heft sogar als
Marvel Super-Sonderausgabe bezeichnet).
Ergänzend zum Comic-Teil finden sich im Heft einige wenige Hintergrund-Infos zum Film: eine
Detail-Auflistung
der Besetzung und des Produktionsstabes, sowie ein
Sachartikel
von Autor Archie Goodwin, der die unterschiedlichen Anforderungen und Möglichkeiten der beiden Medien Comic und Film
vergleicht. Insofern also in bester Tradition zum Planet der Affen-Magazin, in dem es eine Vielzahl
(oftmals allerdings sehr langatmiger) Hintergrund-Artikel gibt.
Den größten Teil des Heftes (45 Seiten) nimmt natürlich der
Comic-Teil
(Autor
Archie Goodwin
/ Zeichnungen
Walter Simonson
& Tuscher Klaus
Janson) ein und man muß wohl schon ein ausgemachter Film-Freund sein, um
ihm viel Gutes abgewinnen zu können. Erwartungsgemäß wird die Film-Story nacherzählt – und das war`s.
Ähnlich wie in den Planet der Affen-Magazinen werden auf der dritten Seite die Marvel-Kreativen genannt, wie auch die deutschen Bearbeiter aufgeführt:
Übersetzung - Behrendt Cuvry [Behrend de Cuvry?], Redaktion - Kirsten Isele, Lettering
- Marlies Gerson und ein Name fällt dabei besonders auf: Produktion
-
Heidi Recht.
Interessanter als der Comic selbst und für mich der Höhepunkt des ganzen Heftes: Auf der vorletzten Seite findet
sich eine ganzseitige
Anzeige
zu
den verbliebenen drei Marvel-Produktionen, Spinne, FV & Rächer – als Hintergrund hatte Williams den
Sternenhimmel-Hintergrund der
Heftrückseite genutzt.
Von der Vorgabe der Filmstory (Stichwort: Universum) wird dadurch wunderbar
zum restlichen Teil des
Marvel-Universums hinübergeführt – einzig eine Integrierung von Captain Marvel hätte das Ganze vielleicht noch
toppen können.
J
Die Ansprache in der Anzeige erfolgt dabei, wie schon in den ersten
Ausgaben der Planet der Affen-Magazinen, mit „Sie“ -
also zielte man auch hier auf eine ältere Leserschicht als Zielgruppe für das Film-Magazin ab.
Und der Schlußsatz könnte dabei der Leitspruch aller Williams-(Marvel-)Fans sein:
DAS
MARVEL-UNIVERSUM.
MAN WILL NIE WIEDER NACH HAUSE GEHEN.
MARVEL-SONDERAUSGABE #2 - DER WEISSE HAI 2
(48 Seiten, erschienen 03/1979, Cover-Preis DM 3,50)
Beim zweiten Heft der Serie war Williams fixer – Marvel-Sonderausgabe
#2 erschien im März
1979, also nur etwa einen Monat nach dem Kinostart in Deutschland (08.02.1979).
In diesem Heft gibt es nahezu keine Hintergrund-Infos zum Film,
lediglich auf der vorletzten Seite finden sich ganz unten ein paar
Infos zum Produktionsstab und den Marvel-Kreativen, wie auch den
deutschen Bearbeitern: Übersetzung - Kirsten Isele, Lettering - Crista Manner und (laut Impressum)
Produktion - Brigitte Juchniewicz.
Der
Comic-Teil
(Autor: Richard Marschall) ist mit 46 Seiten sogar minimal länger ausgefallen als bei
Unheimliche Begegnung,
die Zeichnungen (Gene Colan
&
Tom
Palmer) sind action-reicher und gefallen mir besser als die Arbeit von
Simonson & Klaus – dennoch gilt auch hier: ein Filmfan kann dem Heft vermutlich mehr abgewinnen als ein
(reiner) Comic-Leser.
Einen weiteren Unterschied gibt es zur ersten Marvel-Sonderausgabe: Die Höhe des Heftes ist ca. 1,5cm geringer,
was aber nicht zu Lasten des Comics geht – lediglich die „weiße Umrandung“ fällt geringer aus.
Und worauf man bei der Anschaffung des Heftes bzw. beim Lesen achten
sollte: Zumindest das Coverpapier hat einen Druck ähnlich wie bei
der Epic-Reihe von Condor: Bei Erwärmung verwischt die Farbe, was unschöne Schmierflecken zur
Folge hat.
Wie schon im ersten Heft der kurzlebigen Serie ist das Interessanteste eine
Eigenwerbung
von Williams, diesmal auf der hinteren
Umschlagseite zu finden.
Es ist die wohl einzige Werbung (das Lettering stammt sehr wahrscheinlich von Marlies Gerson) für die
Marvel-Superbände Superhelden, einem Produkt, mit dem sich
die Redaktion ja nie identifizieren wollte. Freilich verwundert dies
wenig, da es sich um eine Verwertung von Remittenten-Rückläufern und
Überschußbeständen handelte, die in Regie des Vertriebs
Verlags-Union stattfand, mit der die Redaktion also nichts zu tun hatte.
Gleichwohl liefen die Superbände lange Zeit während der Williams-Marvel-Ära parallel zu den eigentlichen Serien
– und zum, im wahrsten Sinne des Wortes, Ende dieser Ära findet sich diese Anzeige – quasi ein Sinnbild für den
Ausverkauf.
Gesichert ist, daß von den Superbänden in Deutschland 47 Ausgaben
(Inhalt je vier Hefte) und in Österreich vermutlich 21 Ausgaben
(Inhalt je drei Hefte) erschienen sind; beinahe endlos dürfte
hingegen die Zahl der Varianten sein, welche Hefte in die
Sammelbände gepackt wurden – dabei finden sich in den ersten
Ausgaben der deutschen Sammelbände sogar Einser-Nummern darunter.
Eine Besonderheit der österreichischen Sammelbände ist hingegen, daß
hier häufig aufeinanderfolgende Nummern einer Serie verwendet wurden.
Der erste Marvel-Superband (in Deutschland) erschien ca. im August
1975, zunächst zweimonatlich im Wechsel mit den Tarzan-Superbänden
(dessen laufende Serie von Williams im Juli 1976 eingestellt wurde),
und ca. ab Juni 1976 dann im monatlichen Rhythmus. Rechnet man das
hoch, müßte der letzte Superband ca. im Oktober 1979 erschienen sein
– also etwa ein halbes Jahr nach Einstellung des letzten
verbliebenen Superhelden-Titel
DIE SPINNE ...
Gernot Zipperling, 18.01.04 & 27.12.08
|