ANNUALS
BEI WILLIAMS?
Bekanntlich wurde nur ein einziges Annual von Williams veröffentlicht und dies auch nur deshalb, weil Marvel USA die Story aus
Amazing Spider-Man Annual #2
für
Dr. Strange #179
zweitverwertet hatte.
Da die Williams-Veröffentlichung im Rahmen der deutschen Dr. Strange Serie
(Dr. Strange #11) erfolgte,
ist davon auszugehen, daß als Druckvorlage auch das US Dr. Strange
Heft diente – keine geplante Veröffentlichung eines Annuals seitens Williams also.
Zwar handelt es sich nicht um eine Annual-Story, aber einem
ähnlich glücklichen Umstand ist es zu verdanken, daß die
Captain America Story aus
Tales of Suspense (ToS) #85
Einzug ins
Kung Fu Taschenbuch #3
fand – Marvel USA hatte die Story
(„The blitzkrieg of Batroc!“) für
Deadly Hands of Kung Fu
#5
zweitverwertet, da Batrocs Kampfstil Gemeinsamkeiten mit asiatischen Kampfsportarten aufweist.
Tatsächlich war dies überhaupt erst Caps zweites Solo-Abenteuer,
das in Deutschland den Marvel Fans präsentiert wurde – BSV hatte zuvor lediglich die Captain America Story aus
ToS
#78 veröffentlicht
(verteilt auf HIT Comics
#14/16/18,
alle 1967 erschienen).
Das bedeutet aber nicht, daß man sich in der Williams-Redaktion keine Gedanken zum Thema Annuals machte, denn dafür finden sich eine ganze Reihe von
Anhaltspunkten...
21. PRODUKTION (SEPTEMBER
1975) - FV
#41
Fantastic Four
#44 war eine von sechs
FF-Storys, die von Williams ausgelassen wurden. Inhaltlich löste die Redaktion das „Problem“ einigermaßen
durch eine kurze Zusammenfassung der fehlenden Ereignisse, wie schon im
Abschnitt zu den Fantastischen Vier beschrieben.
Sieht man den Schlußsatz im Zusammenhang mit möglichen Annuals, erhält er jedoch zusätzliche Bedeutung:
„SOLLTEN WIR GLUECK HABEN, BRINGEN WIR DIESE
GESCHICHTE BALD ALS EXTRA-AUSGABE!“
Klar ist, daß im Zeitraum Mai/Juni 1975
(es ist der dreimonatige Produktionsvorlauf zu berücksichtigen) der Williams-Himmel noch voller Geigen hing...
Die Verkaufszahlen zumindest der 1976 dann
eingestellten Serien dürften bei Klaus Recht zwar zu diesem Zeitpunkt schon keine Freudenschreie mehr ausgelöst haben, dennoch standen die Zeichen
noch
auf Optimismus. Denn Recht genehmigte bekanntlich ab Oktober 1975 vier weitere
Serien in der Hoffnung,
„manche Serien könnten von der künstlerischen Seite oder der Thematik her den Deutschen vielleicht näher
liegen“ (Zitat Reinhard Mordek, Interview in
Sprechblase #174).
Zumindest diskutiert wurde also über
mögliche
weitere Veröffentlichungen. Und wenn schon FF
#44 ein Thema war, warum dann nicht auch die Annuals...
29. PRODUKTION
(MAI 1976) –
LESERBRIEFSEITE
Auf der
Leserbriefseite der 29. Produktion
findet sich ein weiterer Hinweis, der für sich allein genommen zwar
nicht viel bedeutet haben muß. Auf der anderen Seite aber hat die
Redaktion ihren Lesern in den sechs Williams-Jahren nur selten unsinniges
Zeugs oder Falsches (um nicht zu sagen Erfundenes) weismachen wollen.
Man darf also davon ausgehen, daß folgende Aussage der Redaktion der Wahrheit entsprach:
Frage von Leser Peter Koch:
„Weiterhin vermisse ich die deutschen Ausgaben der Annuals,
was auf die Dauer zu einer inhaltlichen Lücke führen dürfte.
Warum bringen Sie keine ‚Sonderhefte’?“
Antwort der Redaktion:
„Die Annuals sind wirklich ein Problem, um dessen Lösung wir bemüht sind.“
33. PRODUKTION
(SEPTEMBER 1976) - RÄCHER
#44
Ein Jahr nach dem Serienneustart dürfte im Zeitraum (wieder unter Berücksichtigung des
Produktions-
vorlaufs) Mai/Juni 1976 große Ernüchterung in der Redaktion
eingekehrt gewesen sein. Bereits zu diesem Zeitpunkt muß klar gewesen
sein, daß nicht nur die vier neuen Serien eingestellt werden müssen (die
ohnehin nur für ein erstes Testjahr genehmigt worden waren), sondern auch
ein Großteil der alten. Übrig blieb danach bekanntlich nur
das Rumpfprogramm mit den Kernserien Spinne, Fantastische Vier und Rächer.
Daß sich ausgerechnet in dieser Phase in
Rächer #44
ein konkreter Hinweis auf die (mögliche) Veröffent-
lichung eines Annuals findet, mag da ein schon wenig erstaunen:
„AUF DIESES EPOCHALE ABENTEUER WERDET IHR EUCH
IN BAELDE ERWARTUNGSVOLL STUERZEN DUERFEN! “
(Rächer #44, Seite 2)
Ein Übersetzungsfehler scheidet hier praktisch aus, denn im US-Original lautet
dieselbe Textstelle:
„IN THE
AFOREMENTIONED AVENGERS SPECIAL,
STILL ON SALE--IF YOU´RE LUCKY!“
(Avengers #45, Seite 2)
Und wenn eine Nachlässigkeit der Redaktion an dieser Stelle auch denkbar ist, so sollte man nicht
verges-
sen, wie professionell die Redaktion in den späteren Jahren gearbeitet hat.
Hinzu kommt, daß sich im US-Heft (Avengers
#43) bereits auf der ersten Seite ein
eindeutiger Hinweis auf besagtes
Avengers Annual #1(1) findet:
"...
EITHER YOU MISSED AVENGERS SPECIAL
#1",
(Avengers Annual #1, Seite 1)
der von Williams
nicht
ins Deutsche übertragen wurde – Hartmut Huff (Übersetzung) und Kirsten Isele sind hier also
sehr wohl aufmerksam gewesen.
Das erste Avengers Annual also als mögliches (Sonder-)Heft bei
Williams? Warum nicht, mit 49 Seiten Story-Umfang hätte sich
daraus ein optimal genutztes 52-Seiten Heft machen lassen. Selbst
für eine Redaktions-Seite (zum Beispiel eine der Pinup-Seiten aus Annual
#1)
und auch eine mögliche Werbeseite wäre noch Platz gewesen.
Und die erst im Juni 1978 bzw. März 1979 veröffentlichten
Marvel Sonderausgaben
hatten exakt dieses 52 bzw. 48 Seiten-Format.
Oder gar eine Veröffentlichung im Taschenbuchformat? Das
Experiment
Kung Fu Taschenbücher
war
ge-
rade erst gestartet worden (Februar 1976) – man suchte also durchaus nach anderen, möglicherweise
er-
folgversprechenderen Formaten.
54. PRODUKTION (JUNI 1978) –
LESERBRIEFSEITE
Im Juni 1978 (unter Berücksichtigung des Produktionsvorlauf also
ca. Februar/März 1978 verfaßt) schließlich findet sich ein weiterer (letzter?) Hinweis auf Annuals, diesmal auf der
Leserbriefseite der 54. Produktion.
Ein Hinweis freilich, der an Deutlichkeit kaum mehr zu überbieten ist:
Frage von Leser Thomas Wirsum:
„Auch Sonderbände mit den Annuals von Spinne, FV und
Rächer wären angebracht.“
Antwort der Redaktion:
„Liebe Leute! Ihr wißt ja, daß das ‚Grüne Licht’ inzwischen
wieder aufgeflammt ist (siehe KRIEG DER STERNE). Aber
bald schon wird es ganz fürchterlich brennen, wenn das,
was sich Thomas wünscht (Annuals!!), bald Wirklichkeit wird!
Mehr sei im Moment nicht verraten! Nur eins: In Marvels
Hexenküche zischt und brodelt es schon .. ! ! “
Die Antwort der Redaktion kann man kaum noch als optimistisch bezeichnen, euphorisch wird der Sache schon eher gerecht. Die Eindeutigkeit der Aussage ist kaum zu überbieten (wenn auch ein Hinweis
darauf fehlt, Annuals welcher Serien denn angedacht waren) - wie wir aber alle wissen, wurde daraus leider nichts.
Wie also ist die Euphorie zu bewerten? Immerhin wurden nur fünf Monate später (November 1978) zwei weitere Serien (FV & Rächer) eingestellt – Knall auf Fall sozusagen, man führte nicht einmal mehr den
üb-
lichen Dreimonats-Zyklus zu Ende.
Die Euphorie ist wohl vor allem im Zusammenhang mit der in der Antwort angesprochenen (neuen) Serie
Krieg der Sterne
zu sehen sowie dem ersten Heft der im Juni 1978 (also ebenfalls in
besagter 54. Produktion) neu gestarteten Reihe Marvel-Sonderausgabe zu sehen.
„Star Wars“ war in den USA auch als Comic ein enormer Erfolg (die Auflage von Star Wars
#1
soll inklusive Nachdrucke bei 1 Mio. gelegen haben). Da die
Leserbriefseite im Zeitraum Februar/März 1978 erstellt worden sein
muß, können die Verkaufszahlen der deutschen Krieg der Sterne
Serie (März bis Mai 1978 erschienen) noch gar nicht vorgelegen haben – die Euphorie muß sich also auf den Erfolg des Comics in den USA und sicherlich auch auf den Erfolg des Kinofilms in Deutschland begründet haben.
Nur 2 Monate später klang das Ganze auch schon deutlich nüchterner, wie auf der
Leserbriefseite der 56. Produktion
(August 1978) zu lesen ist:
„Die Nr. 1
[gemeint ist Krieg der Sterne]
erschien im übrigen
ca. drei Wochen vor der Nr. 2, und sie ist in sämtliche Phasengebiete
[gemeint ist gleichzeitig]
ausgeliefert worden. ... Vom ‚Krieg der Sterne’
sind bisher nur zwei Ausgaben erschienen. Weitere Ausgaben sind geplant;
es steht allerdings noch nicht fest, wann und wie viele erscheinen werden.“
Bekanntlich erschien noch eine dritte und letzte Ausgabe von Krieg der Sterne, jedoch schon mit einem geänderten Umfang/Format (4 statt 3 US-Hefte und 68 statt 60 Seiten Umfang). Die Formatänderung mag dabei freilich auf das unübliche 60 Seiten Format zurückzuführen gewesen sein.
Ob die Produktionskosten bei Williams einfach zu hoch waren oder sich
Williams-Marvels einfach zu schlecht verkauften, bleibt offen. Fakt ist, Krieg der Sterne lief bei Williams nicht wirklich erfolgreich
(bei Ehapa hingegen schon), sonst wären mit Sicherheit weitere Hefte veröffentlicht worden – denn Klaus Recht wollte vor allem eines: Geld mit seinen Publikationen verdienen.
Warum also sollte Recht Annual-Hefte (der ohnehin kränkelnden
Superhelden-Serien) genehmigen, wenn schon ein Verkaufsknaller wie
Krieg der Sterne (man denke nur an die Panini-Sammelalben, für
deren Sammelbilder so viele uns von nicht wenig Taschengeld opferten!) keinen Gewinn einfuhr?
Und doch ist der Hinweis auf der Leserbriefseite der 54. Produktion nur ein weiterer (der letzte?)
Beweis, daß
man bei Williams über die Veröffentlichung von Annuals zumindest nachdachte.
Der detaillierteste und vielleicht „schönste“ Beweis findet sich freilich in der
Marvel-Bibel...
_____
(1)Die Annuals hießen in diesen Jahren bei Marvel
King-Size Special.
10.07.07 |
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TEIL 13 (AMEISENMANN) |
(Annuals
als Spinne-Taschenbücher) TEIL
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