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Ein Überblick von Stefan Schlüter und Gernot Zipperling

 
 

SILVER AGE COMICS IN DEUTSCHLAND - DER WILLIAMS-VERLAG

 

 
Im Januar 1974 begann der Williams Verlag mit der Veröffentlichung seiner ersten fünf Marvel Superhelden-Serien: 
Die Spinne, Die Fantastischen Vier, Der Mächtige Thor, Die Ruhmreichen Rächer (Rezensionen) und Der Gewaltige Hulk; ergänzt wurde das Programm durch zwei weitere Marvel-Titel aus dem in diesen Jahren äußerst populären Horror-Genre: Die Gruft von Graf Dracula (Kurzrezension) und Das Monster von Frankenstein (Kurzrezension).  

Während Spinne, Fantastische Vier und (ab Januar 1976) Rächer 2x pro Monat erschienen (bzw. ab 1976 14tägig, wodurch dann 26 Ausgaben pro Jahr veröffentlicht wurden), wurden die übrigen Titel nur 1x monatlich an die Kioske ausgeliefert. 
Fast alle Haupt- und Zweitserien beginnen dabei mit der jeweiligen "Origin-Story" der US-Vorlagen (lediglich Thor
#1 enthält die "erweiterte" Origin-Story aus Mighty Thor #158 und bei Captain Marvel fehlen die beiden vorhergehenden Storys aus Marvel Super-Heroes #12/13) und wurden chronologisch und (zumeist) mit nur wenigen Lücken veröffentlicht - Details zu den Aus-
lassungen finden sich im Marvel-Bibel Artikel. 

Im Oktober 1975 schließlich erweiterte der Verlag sein Programm um drei weitere Marvel-Serien: 
Doktor Strange Der Magier, Der Eiserne und Planet der Affen (im Magazin-Format; Kurzrezension); und im Februar 1976 startete man mit der Taschenbuch-Reihe Die tödlichen Hände des Kung Fu (Kurzrezension) - in seiner Blütezeit bestand das Marvel-Programm also aus zehn Heftserien und einer Taschenbuch-Reihe - ein ebenso beachtliches wie ehrgeiziges Programm.

Hinzu kam, daß die deutschen Marvel Comics - im Gegensatz zu den US-Serien - mit fixen Zweitserien "ergänzt" wurden, somit konnten die Leser die Abenteuer von weiteren 7 Helden bzw. Teams verfolgen. Da die Zweitstorys letztlich Füllmaterial waren, erstreckten sie sich, bedingt durch das 36-Seiten-Format der Hefte (ab Juni 1974 32 Seiten), zumeist über mehrere Ausgaben; ein Manko, das dem Lesespaß nicht umbedingt zuträglich ist.

Leider sollte die Expansion nur von kurzfristiger Natur sein, und mehr noch, bereits ein Jahr später wurden beim großen Ser-
iensterben
im September/Oktober 1976 nicht nur die neuen Serien, sondern alle Serien außer den "großen Drei" Spinne, Fantastische Vier und Rächer eingestellt; ohne Zweifel hatte also der Verkaufserfolg an den Kiosken nicht die Erwartungen 
des Williams-Verlegers Klaus Recht erfüllt...

Ein kurzes Aufleben gab es nochmals 1978/79 mit den Comic-Serien zu Krieg der Sterne (Kurzrezension) und (den beiden) 
Marvel Sonderausgaben
(Kurzrezension), aber im November 1978 stellte Williams zunächst die Fantastischen Vier und Rächer 
ein, im Mai 1979 schließlich - mit Auslaufen des mit Marvel USA geschlossenen Vertrags - auch den letzten verbliebenen Titel 
Die Spinne
...
 

Auflistung aller Williams Marvel-Serien bzw. Serien-Helden 

(Mouse-Over Funktion über dem Titelheld zeigt Heftanzahl und Erscheinungszeitraum an.)

TITELHELD(EN)

ZWEITSERIE

ZWEITSERIE (ab 10/1976)

DIE SPINNE

AQUARIUS [Sub-Mariner]

DER MÄCHTIGE THOR

DIE FANTASTISCHEN VIER

DER DÄMON

DER DÄMON (kein Wechsel)

DER MÄCHTIGE THOR

SILBERSTÜRMER [Silver Surfer]

- Titel 09/1976 eingestellt -

DIE RUHMREICHEN RÄCHER

CAPTAIN MARVEL

DER EISERNE

DER GEWALTIGE HULK

X-TEAM [X-Men]

- Titel 09/1976 eingestellt -

DIE GRUFT VON GRAF DRACULA

- diverse Horrorstorys -

- Titel 09/1976 eingestellt -

MONSTER FRANKENSTEIN

- diverse Horrorstorys -

- Titel 09/1976 eingestellt -

DOKTOR STRANGE DER MAGIER

DR. STRANGE (aus Strange Tales)

- Titel 09/1976 eingestellt -

DER EISERNE

DER AMEISENMANN [Ant-Man]

- Titel 09/1976 eingestellt -

PLANET DER AFFEN

PLANET DER AFFEN (S/W-Material)

- Titel 10/1976 eingestellt -

KUNG FU

(nur KUNG FU Material(1))

 - nur 6 Ausgaben in 1976 -

KRIEG DER STERNE

(nur KRIEG DER STERNE Material)

 - nur 3 Ausgaben in 1978 -

MARVEL SONDERAUSGABE

(jeweils nur die Film-Story)

 - nur 2 Ausgaben in 1978/79 -

 
 

VOR WILLIAMS - DER BILDSCHRIFTENVERLAG (BSV)

 

 
Allerdings waren die Williams-Hefte nicht die ersten Marvel (Superhelden-)Comics, die in Deutschland erschienen: bereits ab September 1966 hatte der Bildschriftenverlag (kurz BSV) die ersten Marvel Superhelden-Abenteuer in seiner Reihe HIT  
Comics
veröffentlicht.  Die in den ersten Jahren schwarz-weißen HIT Comics waren eine "Ein-Heft-Sammelserie", in der die Marvel Helden abwechselnd präsentiert wurden, erst in den letzten Veröf-
fentlichungsjahren gab es eigene Heftserien für die jeweiligen Helden. 

Während zunächst nur Abenteuer von Spinne und Fantastischen Vier veröffentlicht wurden, kamen später auch weitere Charaktere wie Rächer, X-Männer (X-Men), Halk (Hulk) und Devil-Man (Dare-
devil) als Titelhelden hinzu.  
Entstammten die Zweitgeschichten in den ersten sechs Ausgaben noch ausschließlich den Genres 
Horror und Western, wurden die nachfolgenden Hefte auch mit den Abenteuern anderer Marvel 
Charaktere ergänzt, und deren Storys dabei wie später bei Williams auf mehrere Hefte aufgeteilt.
Für diese "Zweithelden" bediente man sich zumeist aus den US-Serien Tales of Suspense (Iron Man, Captain America
(2)) und Tales to Astonish (Hulk, Sub-Mariner); später brachten es die meisten Zweithelden auch selbst zum Titelhelden und viele in den letzten BSV-Jahren auch zu eigenen (wenn auch meist nur kurzlebigen) Heftreihen - Details dazu finden sich in Wolfgang J. Fuchs´ Artikel "Die fünf Phasen der HIT-Comics" und in der HIT Chronologie.

Anders als später Williams begann man bei BSV aber nicht nicht mit der jeweiligen "Origin-Story", was, neben der sehr chaot-
ischen Veröffentlichungsweise (die US-Story-Reihenfolge wurde häufig nicht eingehalten), zum Teil abenteuerlichen Übersetz-
ungen und maschinengeschriebenen Texten (bei denen vorhandene Platz in den Textblasen oftmals geflissentlich ignoriert wurde) nicht nur den Lesegenuß trübt(e) sondern auch für viel Verwirrung bei den Lesern sorgte.
 


Auflistung der Titelhelden der Sammelreihe HIT Comics

TITELHELD(EN)

erstmals als Titelheld(en) in

SPINNE HIT Comics #1 (09/1966)
FANTASTISCHE VIER HIT Comics #2 (10/1966
RÄCHER HIT Comics #23 (08/1967)
X-MAENNER HIT Comics #24 (09/1967)
HALK HIT Comics #27 (10/1967)
DEVIL-MAN HIT Comics #34 (01/1968)
THOR HIT Comics #120 (10/1969)
CAPTAIN MARVEL HIT Comics #121 (10/1969)
SUB-MARINER HIT Comics #126 (11/1969)
EISERNER HIT Comics #127 (11/1969)
 
BSV nahm im Laufe der Jahre mehrfach Änderungen am Format und Aufmachung/Umfang der Hefte vor: hatten die schwarz-
weißen HIT Comics zu Beginn (28 Seiten Umfang,Heftpreis 50 Pfennig) jeweils 1 Superhelden-Story sowie 1 Science Fiction/Horror- oder Superhelden-Füll-Story zum Inhalt, enthielten die Hefte später jeweils 2 Superhelden-Story einer US-
Serie plus Füllstorys.
Und mit Umstellung auf Einzelserien Ende 1970 wurde schließlich das Farbzeitalter
(12/1970) für BSVs Marvel Comics einge-
läutet.

Die HIT-Comics erschienen dabei in einer Form des Direktvertriebes, denn BSV leistete sich gar eigene Vertreter mit eigenem Fuhrpark (die sogenannten Bullys), die das umfangreiche und beileibe nicht nur auf Comics beschränkte Verlagsprogramm an die Kioske und "Tante-Emma-Läden" auslieferten (den besten "illustrierten" Überblick im Internet über die zahlreichen BSV-Publi-
kationen bietet das Bildschriften Archiv).
Das BSV-Vertriebssystem sah dabei keine Rücknahme nichtverkaufter Exemplare vor, mitunter wurden daher von den Vertretern vor Ort auch handschriftliche Preis-Korrekturen auf den Heften vorgenommen - alles Verkaufen lautete die Devise. Derartige Preis-Korrekturen müssen also nicht zwangsläufig von irgendwelchen "Flohmarkt-Verkäufern" stammen, sie
können sozusagen "verlags-autorisiert" sein. 

Es ist außerdem davon auszugehen, daß BSVs Direktvertriebssystem mit verschiedenen Phasengebieten gearbeitet hat, vom Prin-
zip her vergleichbar mit dem späteren Phasenvertriebssystem der Verlagsunion, über den der Williams Verlag seine Comics ver-
trieb. Ein derartiges Phasensystem würde erklären, warum aus niedrigeren Nummernbereichen "90 Pfennig Hefte" existieren, die einen 1 DM Preisaufkleber haben, obwohl die Preiserhöhung auf 1 DM eigentlich erstmals mit HIT Comics #108 in Kraft trat.
Die Erklärung: da die Auflage nicht bundesweit gleichzeitig ausgeliefert wurde, konnte für nachfolgende Auslieferungsgebiete bei diesen Heften der Preis noch auf 1 DM angehoben werden - und dazu wurden einfach im BSV-eigenen Zentrallager besagte Aufkleber auf die Hefte geklebt. 

Ein vielleicht nicht unwichtiger Hinweis für alle Varianten-Sammler an dieser Stelle: 
Es existieren Hefte mit deutlich unterschiedlichen  Preisaufklebern, zum Beispiel HIT Rächer #213 mit DM 1,50 Aufkleber. Schon das Format des Aufklebers läßt vermuten, daß dieses Heft wohl nicht von BSV selbst umbepreist wurde, denn einen Heftpreis von DM 1,50 erreichte man zum Beispiel bei Williams erst zur 38. Produktion (02/1977). 
Als Einzelheft sicher eine (bedingt) sammelwürdige Variante, zur Ergänzung der Sammlung als interessante Kuriosität. Die auf-
gedruckten Währungen decken die wichtigsten (damaligen) Urlaubsländer der Deutschen ab, so daß solche Hefte möglicherweise,
ähnlich wie die Marvel-Superbände, vor allem in deutsche Urlaubsregionen geliefert wurden. 

Daß sich BSV mit seinem Auslieferungssystem bei den umgangenen Grossisten nicht sehr beliebt machte, verwundert nicht, leider war deshalb aber auch die Verfügbarkeit der Serien regional sehr unterschiedlich. Im (mutmaßlichen) BSV-Schwerpunktgebiet Nordrhein-Westfalen/Niedersachsen/Rheinland-Pfalz/Hessen (der BSV hatte seinen Verlagssitz lange Jahre in Alsdorf bei Aachen) muß die Verfügbarkeit am besten gewesen sein, am anderen Ende der (damaligen) Republik in Bayern oder gar in Öster-
reich und der Schweiz dafür um so schlechter. 
 
In der Folge zur Erhöhung der Monatsproduktion auf 4 Hefte (01/1968) wurde zudem das Format der Hefte geändert: ab HIT Comics #60 (08/1968, 52 Seiten Umfang bei einem Heftpreis von 90 Pfennig) finden sich jeweils 2 Superhelden-Geschichten einer US-Serie plus Füllstorys in den Heften.  Von nun an erschienen in jedem Monat ein Heft von Spinne und Fantastischen Vier sowie zwei Hefte anderer Helden, womit 4 Geschichten von Spinne und Fantastischen Vier in jeweils 2 Monaten veröffentlicht wurden. Da BSV in dieser Phase sehr aktuelles US-Material veröffentlichte, geriet man bei den beiden "Zugpferden" in Materialnot, schließlich erschien in den USA nur 1 Heft und damit auch nur 1 Story pro Monat. 
BSV löste dieses Problem, indem ab HIT Comics #84 (02/1969) jeweils eine aktuelle und eine ältere (zuvor ausgelassene) Story von Spinne und Fantastischen Vier veröffentlicht wurden. So kamen die Leser zwar endlich in den Genuß die "Anfänge" dieser beiden Serien lesen zu können (Amazing Spider-Man
#1 in HIT Comics #96 und Fantastic Four #1 in HIT Comics #129), freilich behielt BSV seine völlig chaotische Veröffentlichungsweise bei und auch der/die unterschiedliche Zeichenstil/Qualität der Zeichnungen innerhalb eines Heftes trübt(e) mitunter den Lesegenuß.
 
Mit HIT Comics #153 (09/1970) stellte BSV schließlich die schwarz-weiße "Ein-Heft-Sammelserie" ein und begann damit - auf Basis einer komplett neuen Nummerierung - fortlaufende Serien der einzelnen Helden/Teams zu veröffentlichen. 
Doch da BSV es gerne etwas komplizierter machte, wurden die neuen Serien nicht einfach mit der Nummer Eins begonnen, son-
dern man dachte sich eine komplexe Nummerierung basierend auf der Anzahl der bis dato erschienenen Ausgaben aus, wobei alle Serien-Nummerierungen eine 2 (sozusagen für 2. Serie) voran gestellt bekamen (Beispiele: Die Fantastischen Vier
#223, Die Rächer #211 etc.) - im Vor- Internet-Zeitalter wurde den Lesern somit eine Kopfnuß gleich mitgeliefert, denn wer sollte ihnen eigentlich dieses System erklären...

Für vier Hefte (10-11/1970) wurde das alte 52-Seiten-S/W-Format bei den 2xxer-Heften noch beibehalten, danach wechselte BSV zum letzten Mal das Heft-Format: der Seitenumfang wurde auf 36 Seiten reduziert, aber dafür gab es (endlich) Vierfarb-Druck; dabei kosteten die nun farbigen Hefte anfänglich aber weiterhin 1 DM.

Alles in allem ist das der Umstellung zugrunde liegende System reichlich verwirrend, wenngleich es auch nicht jeder Logik entbehrt -  ich verweise daher einmal mehr auf den exzellenten Artikel Die fünf Phasen der HIT-Comics, der Licht in die komplexe BSV-Logik bringt.

Bei seinen Veröffentlichungen handelte der Bildschriftenverlag dabei nicht allein, sondern er gehörte einem europäischen Druck-
verbund an, wodurch sich die Produktionskosten der teilnehmenden Verlage reduzierten. An dieser Stelle ist vor allem Holland zu nennen, deren Pendants zu unseren HIT Comics - die HIP Comics - wahrlich eine Schwesterserie darstell(t)en (vgl. auch die
holländischen Ausgaben HIP Comics #153 bis HIP Comics #169, zu denen - allerdings nur bezogen auf die Nummerierung - keine deutschen Hefte veröffentlicht wurden)
.

1972/73 sollte schließlich den Anfang vom Ende des Bildschriftenverlags einläuten. Zu diesem Zeitpunkt gehörte BSV (wie auch der bereits existierende Williams-Verlag) zum US-Multi-Market-Konzern Kinney Services Inc., New York (damals der Mutter-
konzern von Warner Communications Inc.) und im Zuge Übernahme der Verlagsleitung (im Frühjahr 1973) durch den neuen Verleger und späteren Williams-Inhaber Klaus Recht wurde das gesamte Verlags-Programm radikal gestrafft und von den Marvel-
Titeln zuletzt nur noch die beiden Serien HIT Spinne und HIT Fantastische Vier veröffentlicht. 
Doch das Ende von BSV stellte gleichzeitig den Neu-Beginn des Williams-Verlages dar, denn die beiden zum Kinney-Konzern gehörenden Verlage sollten miteinander verschmolzen werden und schließlich im "neuen" Williams-Verlag aufgehen.
Optisch machte sich dieser Verlags-Umbau ab April 1973 bemerkbar - denn ab diesem Monat zierte statt des BSV-Logos das neue Williams-Logo das Cover (zeitgleich wurde die letzte Preiserhöhung auf 1,20 DM vorgenommen) und in den Impressen findet sich die eindeutige Williams-Referenz "Williams-Verlag GmbH".  Daß der Verlagsname sich im September 1973 erneut änderte, in die etwas eigenartig anmutende Konstruktion Bildschriftenverlag, Abt. Williams Germany, dürfte rein rechtliche Gründe ge-
habt haben.
Geradezu unübersehbar ist der Wechsel bei den jeweils drei letzten BSV-Heften von Spinne und Fantastischen Vier, die unter dem neuen Signet Superhelden erschienen - die Ähnlichkeit der Aufmachung zu den nachfolgenden Williams-Covern ist offen-
sichtlich.
 
Dabei muß der Wechsel zum neuen Layout sehr spät erfolgt sein, denn gemäß Vorankündigung in HIT FV #251 war FV #252 zunächst noch im alten Design geplant gewesen. Da FV
#252 ohnehin als Schlußnummer vorgesehen war, ist davon auszugehen, daß ursprünglich alle 6 letzten Ausgaben von FV und Spinne mit dem alten Design hätten produziert werden sollen.
Vergleicht man den Cover-Entwurf und das dann produzierte Cover von FV
#252, so fällt vor allem der "überflüssige" rote Kas-
ten unterhalb des Signets auf, der ein nicht retuschiertes Überbleibsel des ursprünglichen Layouts ist - keine sehr professionelle Arbeit (lediglich bei HIT Spinne #252 hatte man sich hier mehr Mühe gegeben). Die kurzfristige Umstellung ist wohl vor allem
als Design-Test zu werten, bei dem die Qualität der Ausführung selbst nicht ganz so wichtig genommen wurde - das neue Layout wurde dann ja auch mit nur geringen Änderungen für die Williams-Serien übernommen.

Die letzten beiden BSV-Hefte erschienen schließlich im Dezember 1973 - und im Januar 1974 begann der revitalisierte Williams-Verlag voller Schwung und neuem Elan mit der Veröffentlichung "seiner" Marvel-Serien...
 
 

VON BSV ZU... WILLIAMS

 
Tatsächlich handelte sich also beim Williams Verlag um keinen anderen als den vormaligen Bildschriftenverlag (BSV), denn der
kränkelnde BSV war von der ebenfalls international agierenden Williams Communications Group übernommen worden, die zum
Zeitpunkt der Übernahme 18 Verlagsunternehmen in Westeuropa betrieb und ihrerseits eine 100%ige Tochter Warner Comm-
unications Company, New York, war (Quelle: Der Neue Vertrieb). Daß das ganze Verlags-Imperium gleichzeitig zum Mischkonzern
Kinney Services Inc. gehörte, zeigt, wie komplex verflochten die dahinter stehende Organisation war.

Und die neue Organisation, ab Frühjahr 1973 unter der Ägide des neuen Verlegers Klaus Recht, krempelte den alten Bild-
schriftenverlag gehörig um:
BSVs komplettes Verlagsprogramm kam auf den Prüfstein und nur ein kleiner Teil der Publikationen überlebte die Neuausrichtung.
Und auch die fortgeführten Publikationen kamen nicht ungeschoren davon. So entfielen im Frühjahr 1973 einige Ausgaben ver-
schiedener Serien, darunter das in Deutschland nicht erschienene (aber in Holland veröffentlichte) Horror #7 (hätte planmäßig 
im Februar 1973 erscheinen müssen); die beiden Funny-Comics Dick + Doof #131/132 entfielen ebenfalls (wären planmäßig
im Februar und März 1973 erschienen) etc. 
Noch härter traf es die Superhelden-Titel: Zwar wurden Spinne und Fantastische Vier fortgeführt, aber alle übrigen Super-
helden-Titel wurden im Januar 1973 eingestellt. 

Zudem erschienen in dieser Phase der Neuorientierung in den Monaten Februar und März 1973 keine Hefte der beiden "Super-
helden-Flagschiffe": Nach den letzten beiden Ausgaben von Spinne und Fantastischen Vier im Januar 1973 mit BSV-Logo 
(HIT Spinne und FV #243) erschienen erst ab April 1973 wieder Hefte der beiden Serien (Spinne #246 und FV #244), dann 
bereits mit dem neuen Williams-Logo auf dem Cover.
Beredtes Zeugnis für diese "Auszeit" sind jeweils 2 fehlende Storys bei Spinne und Fantastischen Vier:
sofort offensichtlich bei den in Deutschland nicht erschienen HIT Spinne-Ausgaben #244/245 (in Holland als 
Spinneman Classics #65/66 veröffentlicht) und weniger auffällig, da ohne eine solche Lücke in der Nummerierung, bei den
Fantastischen Vier: in Deutschland entfielen die in Holland als De Vier Verdegigers #65/66 veröffentlichten Storys, die deut-
sche Zählung wurde deswegen aber nicht unterbrochen.

Neben der Neuausrichtung des Verlagsprogramms dürfte der entscheidende Grund für die Fehlmonate im Frühjahr 1973 in der
in der Aufgabe des Direktvertriebs gelegen haben, denn ab April 1973 vertrieb BSV/Williams seine Publikationen über den
Zeitschriften-Großhandel:
'Die Umstellung auf den Vertrieb über den ZZ-Großhandel [Anmerkung: gemeint ist die Verlagsunion]
ist für Ende März (z. T. April) angekündigt. 
"Um kein sofortiges Überangebot auf dem Markt auszulösen", so heißt es in der Information weiter, "wird das
bestehende Verlagsprogramm um 70% reduziert. Gestartet wird mit den bisher besten Verkaufstiteln. Eine 
Erweiterung der Objektpalette erfolgt von Fall zu Fall. Das Direktgeschäft wird von dem bestehenden 
Außendienst bis 31.3.1973 abgewickelt".'
(Quelle: Der Neue Vertrieb)
 
Doch die Programm-Reduzierung sollte nur die Vorbereitung auf den Neustart der Marvel Serien im Januar 1974 darstellen, für
den das Programm wieder deutlich erweitert wurde. Im Rückblick war 1973 für BSV/Williams nur ein Übergangsjahr, in dem
neue Konzepte entwickelt und vor allem die Vorbereitungen für eine Programm-Offensive im Bereich Comics getroffen wurden.

Punkto Marvel Comics entspricht das Cover-Layout und die gesamte Aufmachung der Hefte der ersten fünf Williams Produktions-
monate weitgehend den letzten sechs Superhelden Comics von BSV: die Hefte wurden in derselben italienischen Druckerei her-
gestellt (Poligrafico) und Layout und Seitenpapier (hier fällt vor allem das dickere Hochglanzpapier 
der Umschläge ins Auge) sowie der Seiten-Umfang (36 Seiten inklusive Umschlag) und schließlich der 
Heftpreis (1,20 DM) sind exakt gleich.

Zwar wurde in den Anfangsmonaten noch fleißig "am lebenden Objekt" nach dem richtigen Format 
gesucht, so wurde zum Beispiel ab der 6. Produktion (06/1974) auf den Hochglanzpapier-Umschlag 
verzichtet und der Heftumfang auf 32 Seiten reduziert. Aber man gab sich Mühe, mit allem was man 
tat - beispielhaft zu sehen an den Korrekturvermerken des Cover-Entwurfs zu Eiserner #1 - über
solcherlei "Kleinigkeiten" pflegte man bei BSV gerne hinwegzusehen.

Das ganze Projekt wurde offensichtlich mit viel Energie und Enthusiasmus begonnen und dank Warner
mit mit einer Kapitalerhöhung ausgestattet, standen auch reichlich finanzielle Mittel zur Verfügung. 
Das Ziel all diesen Aufwands war klar: Erhöhung der Auflagen und damit auch der Einnahmen aus dem
dem Verlags-Geschäft. Leider muß schon in 1974 absehbar gewesen sein, daß die von der Muttergesell-
schaft Warner Communications Company gesteckten Ziele nicht erreichbar waren.
In Konsequenz verloren die Amerikaner von Warner Communications (deren bekanntes Warner Brothers W sich in den Signets
der Williams-Hefte der ersten 9 Produktionen wiederfindet) nur allzu schnell das Interesse und man zog sich vom deutschen
Markt zurück - offensichtlich war der "schnelle Dollar" in Good Old Germany nicht zu machen gewesen...

Doch sollte dies nicht das Aus für die deutschen Marvel Comics bedeuten: der Verlagsleiter Klaus Recht kaufte die Rechte von
Warner und führte das Programm zunächst unverändert fort. Der Eigentumswechsel spiegelt sich auch in den Impressen der 
Hefte wieder, denn von der 10. (Oktober 1974) bis zur 18. Produktion (Juni 1975) findet sich hier der Name Klaus Recht GmbH 
(vermutlich aus rechtlichen Gründen), danach wechselte der Verlagsname wieder zum angestammten Williams-Verlag - woran sich 
bis zur Einstellung der letzten Marvel Serie im Mai 1979 nichts mehr änderte.

Und wenn sich die Marvel Comics für Klaus Recht auch leider nicht mehr rechneten, so kann es seinem Williams-Verlag im allge-
meinen so schlecht nicht gegangen sein (wofür nicht zuletzt das Satire-Magazin MAD verantwortlich gezeichnet haben dürfte):
die Villa (am Schwanenwik 29) jedenfalls, in der der Verlag zwischen 1976 und 1989 residierte, befindet sich in einer der
teuersten Gegenden von Hamburg, und auch das Gebäude selbst (in dem sich heute ein Hotel befindet) macht durchaus Eindruck...
 
 

BEDEUTUNG VON WILLIAMS FÜR DIE DEUTSCHE COMIC-GESCHICHTE 

 
Sicherlich zurecht gilt die Williams-Ära heute als die erste große Zeit der Superhelden-Comics in Deutschland, hier kann auch 
der mit seinen DC-Produkten so sehr viel erfolgreichere Ehapa-Verlag nicht mithalten. 
Man hatte sich bei Williams sehr viel Zeit gelassen für eine sorgfältige Vorbereitung des Neustarts im Januar 1974 und das 
Ergebnis dieser fast schon generalstabsmäßigen Planung kann sich sehen lassen - zumindest im Superhelden-Bereich war man damit punkto Qualität konkurrenzlos.
Mit einer in Deutschland bis dato nicht gekannten Detail-Verliebtheit, redaktionellen Inhalten die das "Feeling" der US-Marvels aufkommen ließen und einer weitestgehend originalgetreuen Wiedergabe der US-Storys hatte Williams wirklich etwas Besond-
eres geschaffen - Punkte, von denen ein Bildschriftenverlag aber auch Ehapa meilenweit entfernt waren.

Und: schon die alles andere als fehlerfreien BSV-Hefte versprühen einen gewissen Charme, woran natürlich auch die genialen Geschichten von Stan Lee, Jack Kirby & Co. einen nicht zu unterschätzenden Anteil besitzen. Nicht von ungefähr überholte Marvel USA den Konkurrenten DC in USA spätestens ab Anfang der siebziger Jahre in Punkto Beliebtheit und Verkaufserfolgen.
Und ein weiterer Punkt warum Ehapas Superhelden-Comics im Vergleich mit Williams den Kürzeren ziehen: ein wesentlicher 
Bestandteil war die Einbindung der Leser in das von Stan Lee erdachte Comic-Universum - und Williams setzte in seinen 
Heften voll auf diese Leserbindung.
Gegen diese Punkte hatte DC selbst noch Anfang der Siebziger nichts Gleichwertiges entgegen zu setzen, und ähnlich stand 
auch der Ehapa Verlag dar - wenngleich auch klar ist, daß Ehapa mit seinen Superhelden-Produkten noch gutes Geld verdiente, 
als die Marvel Comics von Williams schon lange Geschichte waren.

Aber natürlich gab es  aber auch Kritikpunkte, denn nicht alles bei Williams war perfekt.  So ist zum Beispiel die Farbwieder-
gabe der ersten Hefte nicht berauschend und die Papierqualität teilweise arg schlecht (was selbst Anhänger des "rauhen Pap-
iers" zu geben müssen). Die Textblasen wurden vor allem anfänglich kaum tolerierbar vergrößert, um die sehr wortgetreuen Übersetzungen unterbringen zu können und manch Übersetzung wie auch die handgeletterte Schrift einiger früher Ausgaben 
ist grottenschlecht.
Dennoch hat Williams in Summe das Faszinierendste geschaffen, was es zum Thema Superhelden Comics bis dahin in Deutsch-
land gegeben hatte. Nicht nur die redaktionellen Ansprachen und der Umgang mit den Lesern waren ganz im Stil der US-Marvels gehalten. Man schuf gar ein Pendant zu Stan Lee: Redakteur Reinhard "Remo" Mordek (der auch schon vor Klaus Recht bei
BSV tätig gewesen war und den Neustart, vielleicht wie kein Zweiter, prägte), fungierte als Bezugsperson zu den Lesern (bis zu seinem
abrupten Ausscheiden im ca. Januar 1975), später folgte das MMT - das Mighty Marvel Team - rund um Kirsten Isele und
Hartmut Huff und tat ein Übriges. 
Die direkte Leseransprache, vielfältige Leseraktionen, eine Vielzahl von (in deutschen Comics nicht alltäglichen) Hintergrund-
Informationen und auch die ständige Aufforderung an die Leser ihre Wünsche zu äußern - all das unterschied Williams von 
der geehrten Konkurrenz.
 
 

WMCA SCHWERPUNKT-THEMA: DIE RÄCHER UND MEHR

 
Ein wesentliches Kernstück meiner Homepage bilden Rezensionen zu verschiedenen Williams-Serien, allen voran Rezensionen zu 
den 100 Rächer-Storys (Fertigstellungszeitpunkt noch offen J), die von Williams veröffentlicht wurden. Hierzu kommen einige
ergänzende Geschichten wie die beiden ersten Avengers Annuals, (Uncanny) X-Men #45 oder auch Incredible Hulk #140, 
die von Williams ausgelassen wurden aber eng mit den Rächer-Storys verbunden sind.

Die "Avengers" sind also meine ausgemachten Lieblingshelden, daher an dieser Stelle noch einige ergänzende Worte 
zu dieser Serie:
Williams veröffentlichte zwischen Januar 1974 und November 1978 exakt 100 Ausgaben der 
Rächer und zwar US-Avengers #1-101 (Avengers #6 wurde als einzige Story ausgelassen). Wie 
in der Tabelle oben beschrieben hatte zunächst Captain Marvel den Platz als Zweitserie inne, ab 
Rächer #45 wurde er gegen den Eisernen ausgetauscht.
Im Vergleich dazu veröffentlichte der Bildschriftenverlag in seiner Reihe HIT Comics nur 31
Avengers-Abenteuer, nachstehend die darin enthaltenen US-Storys:
US-Avengers #27, 28 / 34-52 / 56, 57 / 59, 60 / 66, 67 / 70, 71 / 89, 90 (ab Avengers #66
erschienen die Hefte in der eigenen Heftreihe Die Rächer). 

Dies hatte natürlich bei den Rächern - wie auch bei den meisten übrigen Serien - zur Folge, daß
einige Storys "doppelt" veröffentlicht wurden (was von manchem Williams-Leser harsch kritisiert
wurde). Allerdings waren die HIT Comics der ersten Jahren ja in Schwarz-Weiß gedruckt worden und sie erreichten auch
in späteren Jahren nicht annähernd den Williams Qualitäts-Maßstab. Ein anderer gern genannter Kritikpunkt waren die
"besseren" Zeichnungen in den (späteren) BSV-Ausgaben - eine weitere Krux, an der Williams natürlich nichts ändern konnte,
bedingt durch die chronologische Veröffentlichung.

Vor allem im Rahmen der Rächer-Rezensionen werde ich nicht auf nur die einzelnen Storys eingehen, sondern ich will 
vor allem auch versuchen das einmalige Flair wiederzugeben, das die Williams-Serien bis heute
ausstrahlen, indem ich die vielen Details, redaktionelle Inhalte und Veränderungen beschreibe
und mit Bildern illustrieren werde, die es im Lauf der Jahre geben sollte. Also ein wenig das
Auf und Ab der deutschen Silver Age Marvel Comics wiederspiegeln.

Allen die gar nicht genug über die Rächer erfahren können, sei die Internet-Site Avengers 
Assemble! empfohlen. Dort ist wirklich (fast) alles zum Thema Avengers zu finden.

Schwieriger ist es da schon mit weiteren Quellen zu BSV oder Williams im Internet. Die hol-
ländische Site Hip Comics Online hat sich auf die niederländischen Pendents zu unseren
HIT Comics spezialisiert. Dort finden sich, neben anderen Infos (viele davon aber in holländischer Sprache), die Cover 
aller holländischen Hip- und auch die der deutschen HIT Comics.

Weitere empfehlenswerte Seiten zum Thema sind das schon erwähnte Bildschriften-Archiv (hier finden sich schwerpunkt-
mäßig Cover und statistische Informationen aller Publikationen von BSV & Williams) sowie die deutsche Ausgabe des
Unofficial Handbook of Marvel Comic Creators - der Marvelguide (hier findet sich die Datenbank aller deutschen Marvel
Marvel Comics - ein unverzichtbares Nachschlagewerk für die BSV-/Williams-Forschung!).

 

Ursprünglicher Artikel vom 03.06.2002
Aktualisiert und erweitert: 09.11.03 / 08.02.04 & 20.09.08
____
(1) Nicht ganz korrekt: Taschenbuch #3 enthält die ursprünglich in TOS #85 veröffentlichte Captain America Story "The Blitzkrieg of Batroc!". Die Story wurde in USA regulär in Deadly Hands of Kung Fu #5 zweitverwertet und findet sich da- her auch im Kung Fu Taschenbuch wieder.
(2)
Tales Of Suspense #78 - die einzige bei BSV erschienene Captain America Story (verteilt auf HIT Comics
#14/16/18).
 
 
 

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